§ 52a UrhG wird dauerhaft in das Urheberrechtsgesetz aufgenommen

§ 52a UrhGDSC_0471 (Wissenschaftsschranke) wird dauerhaft in das Urheberrechtsgesetz aufgenommen. Der Paragraph, der das öffentliche Zugänglichmachen von urheberrechtlich geschützten Werken für Unterricht und Forschung erlaubt, war bisher nur befristet gültig (zuletzt bis 31.12.2014).

Am 6. November 2014 hatte der Bundestag ein Änderungsgesetz beschlossen, dass § 137k UrhG, der die Befristung enthielt, aus dem Gesetz streicht. Dieses Änderungsgesetz hat der Bundesrat nun gebilligt, so dass § 137k UrhG mit Verkündung des Änderungsgesetzes entfällt und § 52a UrhG damit dauerhaft gültig wird.

Dies gibt Schulen und Hochschulen Sicherheit in der Planung für den Umgang mit intern auf Online-Lernplattformen bereitgestellten Lernmaterialien.

In der Begründung zum Gesetzentwurf wird ausdrücklich betont, dass diese Entscheidung nicht die Einführung einer einheitlichen Bildungs- und Wissenschaftsschranke vorwegnähme. Darüber soll im Rahmen der Diskussionen zu einer grundlegenden Umgestaltung der Schrankenregelungen des Urheberrechtsgesetzes debattiert werden.

Entscheidung des BGH zu § 52a UrhG („Wissenschaftsparagraph“)

52a UrhGWie gestern (3. Dezember 2013) bekannt wurde, hat der Bundesgerichtshof in der Sache Alfred Kröner Verlag gegen Fernuniversität Hagen („Meilensteine der Psychologie“, Az. I ZR 76/12) auf Grund seiner mündlichen Verhandlung am 28. November 2013 eine Entscheidung getroffen.

(Ausführlichere Informationen zum Rechtsstreit und zu den detaillierten Anwendungsvoraussetzungen des § 52a UrhG finden Sie in unserem Blog.)

Das Urteil liegt noch nicht in schriftlicher Form vor. Der entsprechenden Pressemitteilung des BGH sind folgende Erkenntnisse für die Anwendung des § 52a UrhG im E-Learning an Hochschulen zu entnehmen:

  • Kleine Teile sind bis zu 12%, höchstens jedoch 100 Seiten eines Werkes.
  • Diese können auch (im Gegensatz zur Annahme der Vorinstanz) als pdf-Datei zum Ausdrucken und Speichern durch die Studierenden bereitgestellt werden.
  • Die öffentliche Zugänglichmachung solcher kleinen Teile von Werken gem. § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG (z. B. auf Lernplattformen) ist nur rechtmäßig, wenn der Rechteinhaber keine angemessene Lizenz dafür anbietet.

Grund zum Aufatmen bieten die Entscheidungen zur Seitenzahl und zum Ausdrucken, da insoweit nun Rechtssicherheit besteht. Hinsichtlich des Kriteriums „angemessene Lizenz“ wurde das Verfahren zurück an die Vorinstanz verwiesen. Hier muss eine endgültige Entscheidung noch abgewartet werden.

Diskussion zu Lizenzierungsmodellen gem. § 52a UrhG anlässlich der 7. Göttinger Urheberrechtstagung

In der Paulinerkirche von dustpuppy (cc by sa)  http://flic.kr/p/hQWSE
In der Paulinerkirche von dustpuppy (cc by sa)

Am Dienstag, den 19. November 2013 fand die 7. Göttinger Urheberrechtstagung in der Paulinerkirche Göttingen statt. Das Programm umfasste in diesem Jahr die neu verabschiedeten Regelungen zu verwaisten und vergriffenen Werken, das unabdingbare Zweitverwertungsrecht für Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen, urheberrechtliche Fragen zu Datenbanken und Repositorien und das Leistungsschutzrecht von Presseverlegern. Michael Weller hat dankenswerterweise seine ausführlichen Mitschriften zu den einzelnen Beiträgen hier online zur Verfügung gestellt.

Aus Sicht derjenigen, die im Bildungsbereich mit E-Learning befasst sind, war die Podiumsdiskussion zum Thema „Erfahrungen bei der Lizenzierung gem. § 52a UrhG“ von besonderem Interesse. § 52a UrhG ist eine Schrankenregelung des Urheberrechts, die es Bildungseinrichtungen erlaubt, zu Unterrichtszwecken in bestimmtem Umfang Teile von Werken öffentlich zugänglich zu machen. Der Paragraph enthält viele Einschränkungen und betrifft in der Praxis z. B. das Einscannen von Seiten aus einem wissenschaftlichen Werk, die dann Studierenden auf der hochschuleigenen Lernplattform zur Verfügung gestellt werden. (Ausführlichere Informationen zu den Regelungen des § 52a UrhG finden Sie im Beitrag „§ 52a UrhG wird bis 2014 verlängert“ auf diesem Blog.)

Derzeit sind zwei für den Umgang mit § 52a UrhG wichtige Gerichtsverfahren anhängig. Zum einen streitet die VG Wort mit den Bundesländern über den Abschluss eines Gesamtvertrags über die Gebühren, welche für die Nutzung von Werken durch Hochschulen im Rahmen des § 52a UrhG von den Ländern an die Verwertungsgesellschaften zu zahlen sind. Im März hatte der BGH das Verfahren zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG München zurückverwiesen. Unter anderem hielt der BGH es nicht für nachvollziehbar, warum die Regelungen von denen abwichen, die in einem ähnlichen Gesamtvertrag für die Nutzung von Werken durch allgemeinbildende Schulen getroffen worden waren. Außerdem hielt er es nicht für angemessen, dass für die Vergütung pauschal der Werkteil und nicht die konkrete Seitenzahl und Anzahl der Studierenden mit Zugriff auf diese als Berechnungsgrundlage angenommen wurde. Nicht beanstandet wurde der Betrag von 0,8 Cent pro Seite und Studierendem und der sog. „Vorrang vertraglicher Vereinbarungen“, demzufolge § 52a UrhG nur dann von Lehrenden herangezogen werden kann, wenn nicht der Verlag ein angemessenes, mit der Digitalisierung einzelner Seiten eines Werkes vergleichbares Angebot bereithält, z. B. Angebot des kostenpflichtigen Downloads einzelner Beiträge einer Zeitschrift.

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Das andere Verfahren, das zur Zeit beim Bundesgerichtshof anhängig ist (mündliche Verhandlung am Donnerstag, 28. November 2013), betrifft einen Rechtsstreit zwischen der Fernuniversität Hagen und dem Alfred Kröner Verlag. Im Rahmen eines Psychologiekurses waren 91 Seiten eines Fachbuchs den 4.500 Studierenden, die in diesem Kurs eingeschrieben waren, als Download auf der universitären Lernplattform zur Verfügung gestellt worden. Als Ergebnis wird von diesem Verfahren die Klärung zweier Fragen erwartet. Zum einen geht es darum, ob das Vorgehen der Fernuni Hagen generell von § 52a UrhG gedeckt ist, zum anderen sollte festgestellt werden, ob im Rahmen von § 52a UrhG Materialien auch zum Download und/oder Ausdrucken zur Verfügung gestellt werden können oder ob nur das Anzeigen auf dem Bildschirm erlaubt ist.

An der Podiumsdiskussion nahmen Prof. Dr. Gerald Spindler als Gastgeber, Prof. Dr. Gabriele Beger (SUB Hamburg), Prof. Dr. Rainer Kuhlen (Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft) und Dr. phil. Christian Sprang (Börsenverein des deutschen Buchhandels e.V.) teil. Frau Prof. Dr. Beger gab einführend einen Überblick über die Regelung des § 52a UrhG. Sie wies auf den vorgesehenen „Vorrang vertraglicher Vereinbarungen“ hin und kritisierte die nutzungsgenaue Abrechnung als kaum realistisch. Sie skizzierte in ihren Ausführungen ein Bild von Lehrenden, die zu jeder einzelnen Verwendung von digitalisierten Werken im Internet bereitgestellte Formulare mit den nötigen Daten ausfüllen müssten, um die Nutzung anzuzeigen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Regelung des § 52a UrhG aufgrund mangelnder Expertise bei den einzelnen Nutzern und auch den schwer zugänglichen Informationen, z. B. Vorliegen einer Lizenz bei der jeweiligen Universitätsbibliothek oder eines vergleichbaren digitalen Angebotes des Verlages, zwar nicht überflüssig, aber in der vorliegenden Form untauglich und damit nicht anwendbar, weil nicht rechtssicher sei.

Dr. Sprang vom Börsenverein des deutschen Buchhandels sah dementgegen den Paragraphen grundsätzlich als verfehlt und überflüssig an. Er favorisierte eine marktwirtschaftliche Lösung der Lizenzierung von Schriftwerken und verwies auf die Praxis in Australien und den USA, wo wissenschaftliche Artikel jederzeit leicht über Internetportale für die eigene Nutzung lizenziert werden könnten. Er ist der Meinung, dass im Gegensatz zu OER marktwirtschaftliche Lizenzierungsmodelle dazu beitrügen, die Qualität von Bildungsmaterialien zu sichern. Er erhielt darin Unterstützung durch eine Wortmeldung aus dem Publikum, die feststellte, dass Lizenzgebühren Innovationen erst ermöglichten und diese nicht verhinderten.

Prof. Dr. Kuhlen, der anstelle des verhinderten Frithjof Maennel, Ministerialrat beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, an der Diskussion teilnahm, erklärte in sehr klaren Worten, dass Lizenzen kein Naturgesetz seien, sondern ein gesellschaftliches Konstrukt, dass also die Annahme, jede Nutzung müsse vergütet werden, nicht zwangsläufig sei. Er machte deutlich, dass die Existenz von OER die Verlage wissenschaftlicher Fachliteratur nicht daran hindere, eigene neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Bezugnehmend auf Prof. Begers Aussage, § 52a UrhG sei in der vorliegenden Form nicht anwendbar, ergänzte er dahingehend, dass die Vergütung allenfalls pauschal berechnet werden könne. Die nutzungsorientierte Abrechnung dem Urteil des BGH entsprechend sei lebensfremd.

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Quelle: Wikipedia

Interessant war die Wortmeldung von Dr. Steinhauer von der Universitätsbibliothek Hagen aus dem Publikum, der § 52a UrhG als Ausgleich zur Preispolitik der Verlage sah. Die geforderten Vergütungen seien völlig außer Relation zum geleisteten Beitrag (digitale Bereitstellung eines existierenden Schriftwerkes). Daraufhin wurde anhand des Streitfalls Fernuniversität Hagen ein Rechenbeispiel für die Kosten gegeben, die auflaufen würden, sollte eine nutzungsgenaue Abrechnung mit zugrunde gelegten 0,8 Cent pro Seite und Studierendem erfolgen. Für den Fall der Fernuniversität Hagen ergäbe sich dadurch eine Gebühr von 3.276 €. Demgegenüber steht der Preis von 25 € pro Stück der Printausgabe des betroffenen Werkes. Der recht hohe Betrag ist hier auch der sehr hohen Kursgröße an der Fernuniversität geschuldet. 4.500 Studierende pro Kurs sind an einer Präsenzuniversität nicht üblich, die Beträge würden sich jedoch durch die Vielzahl der Kurse und genutzten Werke schnell summieren.

Prof. Beger beendete die Diskussion zuversichtlich mit der Hoffnung, dass sich nach einer Zeit der Unsicherheit hinsichtlich der digitalen Nutzung existierender Werke nun eine Phase der Gestaltung anschließe.

§ 52a UrhG wird bis 2014 verlängert

Foto: UGrabe (cc by nc sa)

Der Bundestag folgte am 29.11.2012 der Empfehlung des Rechtsausschusses und beschloss die Verlängerung des für Lehre und Forschung an Hochschulen wichtigen § 52a UrhG[1] (auch bekannt als sog. „Wissenschaftsparagraph“) bis zum 31.12.2014[2]. Der Paragraph regelt eine Ausnahme des Urheberrechts, die es Lehrern, Dozenten und Forschern ermöglicht, Teile urheberrechtlich geschützter Werke anderen zu unterrichtlichen oder Forschungszwecken öffentlich zugänglich zu machen.

Grundsätzlich benötigt jeder, der urheberrechtlich geschützte Werke in wie auch immer gearteter Form nutzen möchte, die Einwilligung des Rechteinhabers. Zu diesem Grundsatz bestehen eine Reihe von Ausnahmen, so der § 52a UrhG oder auch das in der Wissenschaft essentielle Zitatrecht (§ 51 UrhG). § 52a UrhG wurde 2003 unter dem Titel „Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung“ neu in das Gesetz eingefügt, um den Einsatz moderner Kommunikationsformen in Unterricht, Lehre und Forschung zu ermöglichen. Damit ist er die Grundlage für jede Form von E-Learning, das an Hochschulen zum Einsatz kommen könnte. Öffentlich zugänglich machen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass anderen der Zugriff auf Werke oder Teile davon in einer Form ermöglicht wird, dass diese Zeit und Ort des Zugriffs selbst bestimmten können. In der Praxis der Lehre handelt es sich dabei um eine Form der digitalen Zurverfügungstellung, wie z. B. das Einstellen von Texten auf Internetplattformen, damit Studierende sich diese zur weiteren Verwendung in der Veranstaltung abrufen können. Diese einwilligungsfreie Nutzungsform ist jedoch an mehrere Voraussetzungen geknüpft[3].

Foto: James F Clay (cc by nc)

(1)  Zum einen ist der Umfang der zugänglich gemachten Werke begrenzt. So dürfen zu Unterrichtszwecken nur kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs oder einzelne Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften genutzt werden. Was einen kleinen Teil eines Werkes ausmacht, ist jedoch weder durch Gesetzgebung, noch durch Rechtsprechung geklärt. So wird von manchen Gerichten eine Obergrenze von 10% eines Druckwerkes angenommen. Andere dehnen diese Grenze auf 20% aus. Im Rahmen der Forschung spricht das Gesetz nur von „Teilen eines Werkes“ und umgeht hier die Abgrenzungsschwierigkeiten.

Für den Unterricht an Schulen haben die Bundesländer mit allen Verwertungsgesellschaften einen Gesamtvertrag geschlossen, in dessen § 1 der Umfang der nutzbaren Teile festgelegt wird. Dieser kann, bis einschlägige höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen, als Orientierung dienen. Danach sind kleine Teile eines Druckwerkes max. 12%, aber nicht mehr als 20 Seiten, Teile eines Druckwerkes sind max. 25% oder 100 Seiten, Werke geringen Umfangs sind nicht länger als 25 Seiten.

Foto: nico_duesing (cc by sa)

(2)  Zum anderen ist die Nutzung an einen ganz klaren Zweck gebunden. Die betroffenen Materialien dürfen ausschließlich zur „Veranschaulichung im Unterricht“ bzw. „wissenschaftlichen Forschung“ zur Verfügung gestellt werden.

(3)  Weiterhin muss die Zugänglichmachung zur Erreichung dieses Zwecks geboten sein. Daraus folgt, dass stets nur so viel aus dem Werk zur Verfügung gestellt werden darf, wie unbedingt nötig ist. Damit soll gewährleistet werden, dass in die Interessen der Rechteinhaber nicht unnötig eingegriffen wird. Es muss außerdem ein konkreter Bezug zum Inhalt der Lehrveranstaltung bestehen.

(4)  Gleichzeitig dürfen mit der Zurverfügungstellung keine kommerziellen Interessen verfolgt werden.

(5)  Für die Praxis der Lehre bedeutsam ist zudem die Einschränkung, dass nur einer begrenzten Teilnehmerzahl, d.h. den Teilnehmern der konkreten Lehrveranstaltung, der Zugriff auf die Materialien erlaubt sein darf. Dies kann technisch durch die Vergabe von Passwörtern oder die Einrichtung von zugangsgeschützten Räumen auf Lernplattformen geschehen. Es schließt aber aus, dass urheberrechtlich geschützte Werke offen auf der Website eines Dozenten zum Download zur Verfügung gestellt werden, sofern dieser nicht die Rechte daran hält.

§ 52a UrhG folgt damit weitestgehend § 53 UrhG, der die Rechtmäßigkeit analoger Kopien regelt. Er ist durch die Regelung in § 137k UrhG in seiner Geltung zeitlich begrenzt und wurde bereits drei Mal verlängert. Die erneute befristete Verlängerung bis Ende 2014 erfolgte mit der Begründung, dass die Auswirkungen der Regelung in der Praxis, z. B. in Form von Einnahmebrüchen der Rechteinhaber und Verwerter, auch nach neun Jahren der Existenz der Vorschrift nicht einzuschätzen seien[4]. Es wird dabei von einer „letztmaligen“ Erneuerung der Befristung gesprochen. Eine Entfristung des § 52a UrhG oder aber eine zeitnahe grundsätzliche, sachgerechte Neuregelung wäre im Interesse der Rechtssicherheit wünschenswert.


[1] Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

[3] siehe u.a. Dreier, Thomas / Schulze, Gernot, Urheberrechtsgesetz, München, 2008