Ein Beitrag von Paul Schiering, Student der Rechtswissenschaften und wissenschaftliche Hilfskraft am Zentrum für multimediales Lehren und Lernen in Ergänzung der Blogbeiträge zum Thema „Datenschutz in China“ Teil 1 und Teil 2.
Einführung
Das Stichwort Big Data fällt immer wieder, wenn es darum geht neue Herausforderungen für Gesellschaft und Wirtschaft auszumachen. Bisher ist in Europa und insbesondere Deutschland noch nicht viel davon zu spüren, welche Vor- und Nachteile Big Data hat und wie Projekte konkret aussehen, die man unter diesen Oberbegriff fasst. Dies ist in manchen Teilen Chinas schon völlig anders und wird sich wohl im kommenden Jahr auf die gesamte chinesische Bevölkerung ausbreiten.
Nach staatlichen Angaben soll ab 2020 das Sozialkreditsystem jeden einzelnen der rund 1,4 Milliarden Staatsbürger des Reichs der Mitte klassifizieren. Mit der Klassifikation sind dann entsprechende Vor- und Nachteile verbunden, die sich maßgeblich auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Person auswirken können. Zum einen haben diese Auswirkungen der Klassifizierung als auch die Faktoren, welche die Einordnung in die jeweilige Klasse bestimmen, dadurch nicht nur eine individuelle Ordnungswirkung, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Lenkungsfunktion.
Nachdem ich in den ersten beiden Teilen meiner Darstellung zum Datenschutz die aktuelle Situation in der Volksrepublik dargestellt habe, soll dieser abschließende Beitrag gewissermaßen einen Ausblick geben, wie sich Datenschutz und damit die Privatssphäre der Bürger Chinas in Zukunft entwickeln kann.
Das Sozialkreditsystem
Zunächst soll an dieser Stelle die Funktionsweise des chinesischen Sozialkreditsystems sowie die damit verbundenen Maßnahmen dargestellt werden.
Zur Zeit gibt es noch kein landesweites Sozialkreditsystem. Daher ist es schwierig allgemeingültige Aussagen über die Funktionsweise des Systems zu machen. Trotzdem lassen sich aus den Pilotprojekten einige Schlüsse über dessen Ausgestaltung ziehen.
Das Pekinger System
Ab 2020 wird ein Sozialkreditsystem in der chinesischen Hauptstadt Peking die Einwohner der Metropole bewerten. Laut einem Aktionsplan der Stadtregierung werden alle Bürger “Belohnungs- und Strafpunkte” erhalten. Diese werden sich positiv oder negativ auf den Zugang des Einzelnen zum Markt, zu öffentlichen Dienstleistungen und Reisemöglichkeiten sowie langfristig auf die Berufswahl auswirken.[1]
Jedoch hat das System nicht nur Auswirkungen auf den einzelnen Bürger. In der Verlautbarung der Stadtregierung werden “schwarze Listen” angekündigt, die eine problematische Kreditwürdigkeit von Personen oder Firmen offenbaren.[2] Wer auf diesen schwarzen Listen zu finden sein wird, soll “überall mit Einschränkungen rechnen müssen und keinen Schritt vorankommen”.
Das System in Rongcheng
Vorzeigeprojekt in Sachen Sozialkredisystem ist die Stadt Rongcheng in der Provinz Hubei. Hier gibt es schon seit 2014 ein solches System, sodass man die konkrete Ausgestaltung und Wirkung auf die Bevölkerung beobachten kann.
WeiterlesenSozialkreditsystem — Datenschutz in China (Teil 3)