Blended Learning im Hochschulalltag einer Präsenzuniversität zu etablieren, ist ein langwieriger Prozess. Selbst wenn eine interne, zentrale Unterstützungsgruppe wie ein Lehr- und Lernzentrum existiert, müssen die Angebote schließlich von den Lehrenden akzeptiert, aufgenommen und umgesetzt werden. Und dieser Prozess benötigt neben vielen anderen Dingen vor allem Zeit. Ganz am Anfang steht allerdings die Bereitschaft, das eigene Lehrangebot einem kritischen Blick zu unterziehen und zu überlegen, an welcher Stelle sich Blended Learning, ein bestimmtes Tool oder das ein oder andere multimediale Element als Ergänzung eignen.
Gabi Reinmann, Professorin für Hochschuldidaktik an der privaten Zeppelin Universität, hat (nicht allein dafür) ein Positionspapier für den eigenen Lehrstuhl entworfen (download) und in ihrem Blog zur Verfügung gestellt.
Der lesenswerte Text beschreibt relativ knapp das anzustrebende Selbstverständnis der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb des Bildungsraumes einer Universität, der als Spiel- und Freiraum begriffen wird, aus dem heraus über die Gestaltung und konkrete Nutzung virtueller und materieller Räume „Bildung durch Wissenschaft“ entstehen kann. Folgt man dem im Papier skizzierten, kleinen Theoriegebäude wird auch offensichtlich, warum dann digitale Medien ein hochschuldidaktisches Gesamtkonzept benötigen. Denn werden ressourcenintensive materielle und virtuelle Räume nur von wenigen genutzt oder wird zu wenig in die (auch didaktische) Gestaltung investiert, würde der angestrebte Bildungsraum schlicht zu klein ausfallen.
Das Papier enthält auch eine Liste praktischer Szenarien, wann und wofür sich der Einsatz digitaler Medien besonders eignet. Konsequent wird jeweils ein Szenario an praktische Voraussetzungen geknüpft. Dies kann man als Reduktion auf das Notwendige begreifen oder aber auch als vorweggenommene Abwehr gegenüber manchen Vorurteilen, wonach allein der Einsatz multimedialer Elemente automatisch den Lernerfolg verbessere. Dabei steht das schon ganz vorne im Papier: „Kein Medieneinsatz ohne hochschuldidaktische Begründung“.
Zweifellos würde man sich solche durchdachten und zugleich offen wirkende Positionspapiere öfter an Hochschulen wünschen.