Am 16. Mai 2014 hatte der Bundesgerichtshof dem EuGH folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
„Stellt die Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar, auch wenn das fremde Werk damit nicht für ein neues Publikum wiedergegeben wird und die Wiedergabe nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet?“
Der EuGH hat nun in seinem Beschluss vom 21. Oktober 2014 diese Frage entschieden und kommt zu dem Ergebnis:
„Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing- Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 [der EU-Urheberrechtsrichtlinie] dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.“
(Mehr zur Ausgangssituation finden Sie hier im Blog des LLZ).
Beispiel für ein eingebettetes Video: RA Solmecke erklärt die Entscheidung des EuGH
Schon zuvor hatte der EuGH in einem anderen Fall ähnlich entschieden, indem er feststellte, dass das Aufrufen von Inhalten einer fremden Website in einem Frame auf der eigenen Website zulässig sei.
Er setzt diese Rechtsprechung für die bei YouTube verwendete Framing-Technik fort und schafft somit etwas mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Medieninhalten im Internet.
Der BGH hatte vermutet, dass in dem „Sichzueigenmachen“ der Inhalte anderer Plattformen die Verletzung eines unbenannten Verwertungsrechts nach § 15 Abs. 2 UrhG liegen könnte. Er hob also darauf ab, dass der Betreiber der einbettenden Seite das Video als eigenes ausgeben würde, indem er es so in die eigene Seite einbettet, dass es als Bestandteil dieser Seite erscheinen muss. Im Vorlagebeschluss hatte der BGH allerdings schon darauf hingewiesen, dass der Tatbestand einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung nur durch die Handlung und nicht durch deren Vortäuschen erfüllt wird. Deswegen kommt im Fall des Framing eine Verletzung anderer Verwertungsrechte, wie z. B. des Vervielfältigungsrechts nicht in Betracht, da tatsächlich keine Kopie des geschützten Werkes, hier des YouTube-Videos, angefertigt wird.
Der EuGH geht letztlich auf das Kriterium des „Sichzueigenmachens“ nicht genauer ein. Er stellt ausschließlich darauf ab, ob durch das Einbetten in eine andere Webseite ein neues Publikum Zugang zum Video erhielt. Das kann nur dann der Fall sein, wenn das Video zuvor zugangsbeschränkt war, z. B. durch einen Passwortschutz. Stand es jedoch, wie im Ausgangsfall gegeben, ohnehin bereits der gesamten Internetöffentlichkeit zum Anschauen zur Verfügung, wird durch das Einbetten kein neues Publikum erreicht. Damit liegt also keine (erneute) öffentliche Wiedergabe und demnach keine urheberrechtlich relevante Handlung vor.
Interessanterweise (und, wie manche Juristen anlässlich der diesjährigen Göttinger Urheberrechtstagung meinten, zu Unrecht) gehen weder BGH noch EuGH darauf ein, dass YouTube dem Hochladenden die Möglichkeit einräumt, den Embed-Code auszublenden. Damit klammern sie einen Aspekt des zum Ausdruck gebrachten Willens des Rechteinhabers aus der rechtlichen Betrachtung völlig aus und beschränken diese allein auf die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe, die mit Wissen und Wollen des Rechteinhabers erfolgt ist.
Daraus ließe sich ableiten, dass auch auf andere Weise generierter Embed-Code, mit dessen Hilfe Medien wie Bilder oder Videos in andere Webseiten eingebettet werden (in Betracht käme neben dem iframe auch das img-Tag), damit urheberrechtlich unbedenklich wären. Eine andere Meinung sieht in dem angebotenen code-Schnipsel eine Verkörperung des Willens des Rechteinhabers und will demzufolge eine Rechtmäßigkeit des Einbettens nur gelten lassen, wenn dieser explizit angeboten wird.
Wenn der EuGH aber ausschließlich zugangsbeschränkende Maßnahmen als ausreichende Kundgabe des Willens des Rechteinhabers ansieht, das Werk nicht der gesamten Internetöffentlichkeit zugänglich machen zu wollen, würde z. B. ein schriftlicher Vermerk nicht genügen. Daran schließt sich die Frage an, ob das Abschalten des Embed-Codes als Zugangsbeschränkung im Sinne dieser Rechtsprechung zu werten wäre. Es werden bei Zugangsbeschränkungen keine allzu hohen Ansprüche an die Wirksamkeit gestellt. Jedoch kann ohne großen Aufwand aus dem Quelltext der YouTube-Seite ein Link extrahiert werden, mit dem sich ein individueller Embed-Code erstellen lässt. Details in der technischen Umsetzung werden also auch in Zukunft noch zu klären sein.
Im Ausgangsfall hat nun der BGH zu entscheiden. Da zur Entscheidung noch weitere Umstände des Falles herangezogen werden müssen, könnte das Urteil in diesem konkreten Fall auch zu Ungunsten der Verwender des Videos ausgehen.