Praxisbeispiele an der Uni Halle – „Wahlkreisarbeit in Zeiten von COVID-19“

Fokus

Forschendes Lernen – Videokonferenzen in der Lehre – Praxisrelevanz

  • Seminar: „Wahlkreisarbeit in Zeiten von Covid-19“, Sommersemester 2020
  • Teilnehmende am Seminar: 21 Studierende der Politikwissenschaft (MA / Lehramt)
  • Leitung des Seminars: PD Dr. Sven T. Siefken

Konzept

Das Master-Forschungsseminar „Wahlkreisarbeit und Covid-19“ mit 21 Studierenden fand im Sommersemester 2020 statt. Es wurde zu Beginn der Pandemie ad hoc in ein Online-Format überführt und nutzte spontan und innovativ die erzwungene Disruption.

Die Forschungsfrage wurde in gemeinsamer Abstimmung mit den Studierenden angepasst und erhielt direkt aktuelle Relevanz. Anstatt wie geplante bestehende Interviewdaten zu untersuchen, wurden Interviews mit 33 Abgeordneten zur Wahlkreisarbeit in der aktuellen Pandemielage per Videokonferenz von den Studierenden durchgeführt.

Die Studierenden bekamen so die Gelegenheit den gesamten Forschungsprozess selbst zu durchlaufen. Die dafür notwendigen Arbeitsschritte (u.a. Erstellung des Interview-Leitfadens, methodische Einführung in MaxQDA) wurden in das Seminarkonzept integriert, durch enge Anleitung mit nötigem Feedback versehen und konnten auch Teil der Leistungserbringung werden. So wurden nicht nur vom Lehrenden, sondern auch von den Studierenden selbst per Opencast Inhaltsbeiträge als Videos im Stud.IP für die Lerngruppe zur Verfügung gestellt. Neben den Methoden wurde auch der Seminarinhalt an die neuen Gegebenheiten angepasst und machte Gebrauch von geänderten technischen Möglichkeiten (wie der Normalisierung von Videokonferenzen): Stud.IP war zentrale Austauschplattform, wobei die Funktionalitäten viel intensiver eingesetzt wurden als früher: kollaboratives Projektmanagement im Wiki (163 Änderungen), vertiefende Diskussion im Forum (136 Beiträge), Terminvergabe über Ankündigungen etc.

Abbildung 1: Screenshot einer Videoaufzeichnung in der Stud.IP-Veranstaltung „Seminar: MA Repräsentanten und Repräsentierte (Sem. Wahlkreisarbeit und Covid-19)“
Abbildung 2: Screenshot des Wikis der Stud.IP-Veranstaltung „Seminar: MA Repräsentanten und Repräsentierte (Sem. Wahlkreisarbeit und Covid-19)“

Das Seminar zeichnet sich durch methodische Kreativität und optimale Nutzung einer disruptiven Situation aus und ermöglichte den Studierenden, sehr praktisch nah am Geschehen Forschung zu erlernen und zu betreiben. Die Seminarergebnisse wurden von Teilnehmenden auf zwei Konferenzen vorgestellt und gingen in eine Publikation ein.

Fazit

„Das Forschungsseminar hat gezeigt, dass und wie die Videokonferenzen auch für die Durchführung von Interviews und ihren Einsatz in der universitären Lehre geeignet sind. Den Studierenden war es möglich, den gesamten Forschungsprozess selbst zu erleben, zu gestalten und zu reflektieren. Dies hat zu besonderen Lerneffekten und einem vertieften Verständnis sozialwissenschaftlichen Forschung aber auch der Repräsentationsprozesse geführt. Insofern war das Seminar in dreierlei Hinsicht erfolgreich: Es war methodisch innovativ, es hat Studierenden die wissenschaftliche Forschung durch „Learning by Doing“ ermöglicht – und neue Erkenntnisse zu einem aktuellen Thema und grundsätzlichen Fragen geschaffen“ (Siefken, 2021).

Weitere Informationen

E-Learning@Jura – Praxisbeispiele für den Einsatz digitaler Medien in der juristischen Ausbildung (1)

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Foto: Entwurf für Learning Analytics by UGrabe, CC BY 4.0

Anlässlich des Symposiums „eLAW – Digitales Lehren und Lernen im Juristischen Studium“ an der SRH Hochschule Heidelberg stellte Professor Dr. Christoph Schärtel von der SRH Heidelberg sein Konzept des „Enhanced Inverted Classroom Models“ vor. Er betont dabei einen „shift from knowledge to methodolgy“, um im Präsenzunterricht den notwendigen Freiraum zur Vermittlung juristischer Arbeitsmethodik zu schaffen. Professor Schärtel sieht die Schwächen des herkömmlichen Inverted Classroom Models (ICM) vor allem in der Freiwilligkeit der Vorbereitungsphase, was dazu führt, dass Studierende unvorbereitet zur Präsenzveranstaltung erscheinen. Dadurch wird seiner Meinung nach der angestrebte Nutzen des ICM konterkariert, da man gerade nicht auf dem gleichen Wissensstand aller Teilnehmenden aufbauen und vertiefend auf den Lernstoff eingehen bzw. diesen als bekannt voraussetzen kann, um sich Falllösungen zu widmen. Eine weitere Problematik sieht er in dem Fehlen einer strukturierten Nachbereitung und Reflexion.

Kernstück seines Modells sind obligatorische Eingangs- und Ausgangstests zu jeder Online-Lerneinheit der Vorbereitungsphase. Mit Hilfe von Learning Analytics wird den Studierenden über diese Tests passend zu ihrem Wissensstand Material zur Vorbereitung auf die Präsenzphase zugeteilt. Die Präsenzzeit wird wie im klassischen ICM für die Schulung der Kompetenzen genutzt, die nicht durch reine Wissensvermittlung erlangt werden können, so z. B. Methoden- und Problemlösekompetenz und die Fähigkeit zum kritischen Denken und Reflektieren. Durch die im Gegensatz zur Vorlesung andere Arbeitsweise während der Präsenzzeit des ICM, ist es hier auch möglich, mit einzelnen Studierenden problem- und zielorientiert zu arbeiten.

Die Umsetzung der Onlinephase soll durch die Aufbereitung des Wissens in sog. „crumbs“, also kleinsten Wissenseinheiten, auf einer Lernplattform erfolgen, aus denen die Lehrenden sinnvolle Lernpfade und Tests für die Vor- und Nachbereitung arrangieren können. Eine Lernplattform, die diese Art von Arrangements ermöglicht, muss bestimmte Eigenschaften aufweisen, die herkömmliche Lernplattformen wie ILIAS und Moodle derzeit noch nicht besitzen. Dazu gehört z. B. die modulare Grundstruktur der Wissenseinheiten, die, entsprechend getaggt, den jeweiligen Lernpfaden flexibel zugeordnet werden.
Nicht zu unrecht nach dem Zeitaufwand für die Aufreitung des Fachinhalts einer Veranstaltung befragt, räumte Professor Schärtel ein, dass es sich in der Tat um einen sehr großen Aufwand handele, der nur im Team zu bewältigen wäre. Jedoch verspricht er sich von einer offenen Plattform ähnliche Effekte wie beim Croudsourcing auf Wikipedia.

Praxisbeispiele E-Learning

Das LLZ hat eine Sammlung von Beispielen für E-Learning-Szenarien verschiedenster Fachrichtungen und Einsatzmöglichkeiten zusammengestellt, deren erste Version jetzt zum Herunterladen bereitsteht.

Sie umfasst Beispiele aus so unterschiedlichen Fachbereichen wie Chemie, Erziehungswissenschaften und Jura und reicht von kompletten Online-Lernmodulen (z. B. GEOVLEX an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) über Blended Learning Angebote (z. B. Masterstudiengang ONLINE RADIO, ebenfalls an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) zu Angeboten, die in der Lehre punktuell unterstützend eingesetzt werden können (z. B. E-Portfolio).

Der Überblick über die verschiedenen Formen und Anwendungsbeispiele soll zeigen wie E-Learning die Lehre bereichern kann, welche didaktischen Möglichkeiten es eröffnet und dass es in praktisch allen Fachbereichen einsetzbar ist. Viele der dargestellten Beispiele sind öffentlich zugänglich und können dadurch unproblematisch in eigenen Lehrveranstaltungen verwendet werden.

Die Sammlung wird laufend erweitert und regelmäßig zum Download zur Verfügung gestellt.

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