BGH: Einbetten von YouTube-Videos ist kein Urheberrechtsverstoß, es sei denn…

Framed by d_pham CC BY 2.0
Framed by d_pham CC BY 2.0

Im Verfahren um das Einbetten („Framing“) eines auf YouTube bereitgestellten Videos in einer anderen Website hat der Bundesgerichtshof am 9. Juli 2015 eine Entscheidung getroffen (Urteil vom 9. Juli 2015 – I ZR 46/12 – Die Realität II).

Die Klägerin stellt Wasserfiltersysteme her und hatte ein Werbevideo produziert, das, nach ihrer Darstellung ohne ihre Genehmigung, auf YouTube veröffentlicht wurde. Die beiden Beklagten sind für einen Wettbewerber der Klägerin tätig und betteten das Video im Wege des Framing auf ihren Internetseiten ein. Die Klägerin verlangte Schadensersatz, da ihrer Ansicht nach das Einbetten eine Rechtsverletzung darstellt. Mehr zur Ausgangslage des Falls erfahren Sie im Beitrag „Stellt „Framing“ von urheberrechtlich geschützten Inhalten eine Rechtsverletzung dar?“.

Vor seiner endgültigen Entscheidung hatte der BGH die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, der in seinem Beschluss vom 21. Oktober 2014 wie folgt entschied:

Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 [der EU-Urheberrechtsrichtlinie] dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.

Mehr zur Entscheidung des EuGH finden Sie im Beitrag „EuGH: Einbetten von YouTube-Videos ist kein Urheberrechtsverstoß“.

Diese Entscheidung ergänzt der BGH nun um eine weitere Bedingung: Das geschützte Werk muss ursprünglich mit Erlaubnis des Rechteinhabers für die öffentliche Wiedergabe bereitgestellt worden sein. In der Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

„Den Ausführungen des EuGH ist nach Ansicht des BGH allerdings zu entnehmen, dass in solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach hätten die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei „YouTube“ eingestellt war.“

In der Praxis bedeutet dies, dass die Bereitstellung von fremden Content, seien es Videos, Bilder oder andere Medien, auf der eigenen Website durch Einbetten erlaubt ist, wenn:

  1. der fremde Content ursprünglich vom Rechtinhaber im Internet veröffentlicht wurde,
  2. dieser der gesamten Internetöffentlichkeit zugänglich war (also nicht etwas durch Passwort geschützt) und
  3. keine andere Technik zur Wiedergabe genutzt wird, der Content also auf dem ursprünglichen Server verbleibt.

Für den konkreten Fall muss nun das OLG München, an welches das Verfahren zurückverwiesen wurde, feststellen, ob das Video mit oder ohne Erlaubnis der Klägerin auf YouTube veröffentlicht wurde.

EuGH: Einbetten von YouTube-Videos ist kein Urheberrechtsverstoß

Am 16. Mai 2014 hatte der Bundesgerichtshof dem EuGH folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

„Stellt die Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar, auch wenn das fremde Werk damit nicht für ein neues Publikum wiedergegeben wird und die Wiedergabe nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet?“

Video einbetten
Embed-Code auf YouTube

Der EuGH hat nun in seinem Beschluss vom 21. Oktober 2014 diese Frage entschieden und kommt zu dem Ergebnis:

„Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing- Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 [der EU-Urheberrechtsrichtlinie] dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.“

(Mehr zur Ausgangssituation finden Sie hier im Blog des LLZ).

Beispiel für ein eingebettetes Video: RA Solmecke erklärt die Entscheidung des EuGH

Schon zuvor hatte der EuGH in einem anderen Fall ähnlich entschieden, indem er feststellte, dass das Aufrufen von Inhalten einer fremden Website in einem Frame auf der eigenen Website zulässig sei.

Er setzt diese Rechtsprechung für die bei YouTube verwendete Framing-Technik fort und schafft somit etwas mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Medieninhalten im Internet.

Der BGH hatte vermutet, dass in dem „Sichzueigenmachen“ der Inhalte anderer Plattformen die Verletzung eines unbenannten Verwertungsrechts nach § 15 Abs. 2 UrhG liegen könnte. Er hob also darauf ab, dass der Betreiber der einbettenden Seite das Video als eigenes ausgeben würde, indem er es so in die eigene Seite einbettet, dass es als Bestandteil dieser Seite erscheinen muss. Im Vorlagebeschluss hatte der BGH allerdings schon darauf hingewiesen, dass der Tatbestand einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung nur durch die Handlung und nicht durch deren Vortäuschen erfüllt wird. Deswegen kommt im Fall des Framing eine Verletzung anderer Verwertungsrechte, wie z. B. des Vervielfältigungsrechts nicht in Betracht, da tatsächlich keine Kopie des geschützten Werkes, hier des YouTube-Videos, angefertigt wird.

Der EuGH geht letztlich auf das Kriterium des „Sichzueigenmachens“ nicht genauer ein. Er stellt ausschließlich darauf ab, ob durch das Einbetten in eine andere Webseite ein neues Publikum Zugang zum Video erhielt. Das kann nur dann der Fall sein, wenn das Video zuvor zugangsbeschränkt war, z. B. durch einen Passwortschutz. Stand es jedoch, wie im Ausgangsfall gegeben, ohnehin bereits der gesamten Internetöffentlichkeit zum Anschauen zur Verfügung, wird durch das Einbetten kein neues Publikum erreicht. Damit liegt also keine (erneute) öffentliche Wiedergabe und demnach keine urheberrechtlich relevante Handlung vor.

Eindruck von der Göttinger Urheberrechtstagung 2014
Eindruck von der Göttinger Urheberrechtstagung 2014

Interessanterweise (und, wie manche Juristen anlässlich der diesjährigen Göttinger Urheberrechtstagung meinten, zu Unrecht) gehen weder BGH noch EuGH darauf ein, dass YouTube dem Hochladenden die Möglichkeit einräumt, den Embed-Code auszublenden. Damit klammern sie einen Aspekt des zum Ausdruck gebrachten Willens des Rechteinhabers aus der rechtlichen Betrachtung völlig aus und beschränken diese allein auf die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe, die mit Wissen und Wollen des Rechteinhabers erfolgt ist.

Daraus ließe sich ableiten, dass auch auf andere Weise generierter Embed-Code, mit dessen Hilfe Medien wie Bilder oder Videos in andere Webseiten eingebettet werden (in Betracht käme neben dem iframe auch das img-Tag), damit urheberrechtlich unbedenklich wären. Eine andere Meinung sieht in dem angebotenen code-Schnipsel eine Verkörperung des Willens des Rechteinhabers und will demzufolge eine Rechtmäßigkeit des Einbettens nur gelten lassen, wenn dieser explizit angeboten wird.

Wenn der EuGH aber ausschließlich zugangsbeschränkende Maßnahmen als ausreichende Kundgabe des Willens des Rechteinhabers ansieht, das Werk nicht der gesamten Internetöffentlichkeit zugänglich machen zu wollen, würde z. B. ein schriftlicher Vermerk nicht genügen. Daran schließt sich die Frage an, ob das Abschalten des Embed-Codes als Zugangsbeschränkung im Sinne dieser Rechtsprechung zu werten wäre. Es werden bei Zugangsbeschränkungen keine allzu hohen Ansprüche an die Wirksamkeit gestellt. Jedoch kann ohne großen Aufwand aus dem Quelltext der YouTube-Seite ein Link extrahiert werden, mit dem sich ein individueller Embed-Code erstellen lässt. Details in der technischen Umsetzung werden also auch in Zukunft noch zu klären sein.

Im Ausgangsfall hat nun der BGH zu entscheiden. Da zur Entscheidung noch weitere Umstände des Falles herangezogen werden müssen, könnte das Urteil in diesem konkreten Fall auch zu Ungunsten der Verwender des Videos ausgehen.

Stellt „Framing“ von urheberrechtlich geschützten Inhalten eine Rechtsverletzung dar?

Diese Frage muss sich der Europäische Gerichtshof stellen, nachdem der Bundesgerichtshof ihn um eine Vorabentscheidung bezüglich der Rechtsnatur des sog. „Framing“ ersucht hat.

Video einbettenUnter „Framing“ versteht man das Einbetten von Videos, die auf Plattformen anderer Anbieter zur Verfügung gestellt werden, mittels eines Inlineframes über das Tag <iframe> auf der eigenen Website. Beliebt ist das Einbetten von Youtube-Videos durch diese Technik auf Blogs oder Websites. Die bekannte Videoplattform bietet dafür unter dem Tab „Teilen“ eigens die Option „Einbetten“ an, mit der einem Nutzer ein vorgefertigter Code-Schnipsel angezeigt wird, den dieser nur noch auf die eigene Webseite kopieren muss.

In einem aktuellen Fall ließ die Klägerin einen Film erstellen, der ohne ihre Zustimmung auf Youtube gelangte. Die Beklagten, Wettbewerber der Klägerin, hatten das Video von dort mittels „Framing“ in ihre eigenen Webauftritte eingebunden.

Aus Sicht des Urheberrechts stellt sich nun die Frage, ob „Framing“ ein Fall der öffentlichen Wiedergabe ist und dadurch die Rechte der Klägerin verletzt wurden. Die Besonderheit der vorliegenden Konstellation liegt darin, dass die Beklagten nicht darüber verfügen konnten, ob das auf Youtube bereitgestellte Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt oder nicht. Dies war nur der Person, die das Video ursprünglich auf die Videoplattform geladen hatte und Youtube selbst möglich.

Im Hinblick auf den Einsatz von Videos oder anderen mittels „Framing“ in die eigenen E-Learning-Szenarien eingebundenen Werke ist diese Frage auch für alle E-Learning-Anbieter von Relevanz, sofern sie Material einsetzen, das sie nicht selbst erstellt haben und welches auf den Plattformen Dritter angeboten wird. Zwar verlangt z. B. Youtube von Nutzern, die Videos auf die Plattform hochladen, dass sie erklären, die nötigen Rechte zu besitzen (9.3 der Nutzungsbedingungen von Youtube), andererseits ist bekannt, dass nicht alle Nutzer diese Regeln einhalten. Vielen dort eingestellten Videos, beispielsweise einer Amateuraufnahme von Hochwasserschäden, die im Geographieunterricht eingesetzt werden soll, ist jedoch im Gegensatz zum Mitschnitt eines aktuellen Films aus dem Kino kaum anzusehen, ob der Hochladende die nötigen Rechte dafür besaß.

Sollte sich „Framing“ als Urheberrechtsverletzung herausstellen, wird man bei der Verwendung von Inhalten Dritter, die auf Plattformen wie Youtube zur Verfügung gestellt werden, erhöhte Vorsicht walten lassen müssen.