Rezension des „Cornelsen Vokabeltrainers“

Am 14. Oktober 2014 gab Cornelsen in einer Pressemitteilung die Lancierung neuer Apps zum Lernen von Vokabeln bekannt. Die „Cornelsen Vokabeltrainer“-App, die passend zu fünf Schulbuchreihen erschienen sind, wurde von der Autorin getestet.

Für die zusammenfassende Auswertung, im vorliegenden Blogbeitrag, wurde die App „Studio [21] A1, English Demo“ verwendet und als Bewertungsgrundlage die Liste der „Auswahlkriterien für Vokabelapps“ (Blogbeitrag von L. Ionica) verwendet.

Nach welcher Theorie werden die Vokabeln eingeführt?
Bei der Vokabeleinführung im Anfängerunterricht (A1) scheint Cornelsen für die App sich an das Zitat von Erwin Tschirner „…Anfänger brauchen viel Wortschatz und das möglichst schnell, damit sie auch selbstständig durch Lesen und Hören weiterlenen können“ (2003:21) angelehnt zu haben.

Da die Vokabelapp zum Schulbuch angeboten wird, kann davon ausgegangen werden, dass kommunikative Erfahrungen der Schüler im Unterricht stattfinden. In der App selber scheint der Wortschatzerwerb eher an der traditionellen Methode der Wortgleichungen (fremdes Wort = muttersprachliches Wort) angelehnt zu sein.

Welcher Wortschatz wird in der App trainiert?
Die Wortschatzlisten sind nach Buchkapiteln geordnet. D.h. sie verfolgen die Lernziele und Lernprogression des Lehrbuchs bzw. des Unterrichts.

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Wie wird bei der Vokabeleinführung vorgegangen?
1. Auf einer Karte wird eine Lernstrategie präsentiert. Diese weist auf eine empfohlene Vorgehensweise.

  • Via ein Pop-Up-Fenster werden Lernende aufgerufen, für sich selber eine Übersetzung der eben in die Muttersprache angezeigten Vokabel zu finden.
  • Die Erinnerung an die Übersetzung ist eine gute Strategie um zu verhindern, dass Lernende die Lösung direkt aufrufen, ohne sich kognitiv mit dem Thema beschäftigt zu haben. Anzumerken ist, dass diese Strategie nicht gezielt im Lernprozess eingesetzt wird, da die Pop-Up-Fenster ab der zweiten Vokabel freiwillig über das „i“ aufrufbar sind.

2. Die Vokabel wird präsentiert.

  • Die klassische Vorgehensweise beim Vokabellernen wird in der App umgesetzt, indem Lernende beim Aufruf des Trainings die Vokabeln direkt in der Zielsprache lesen können. Lernende haben so allerdings nicht die Möglichkeit, die Vokabel vorher selbst durch z.B. akustische oder visuelle Signale zu erkennen.

3. Die Übersetzung erfolgt.

4. Optional: Anzeige von Beispielsätzen und Abspielen der Audiodatei mit der ausgesprochenen Vokabel.

  • Nach der Übersetzung einer Vokabel können Lernende Beispielsätze und eine Audiodatei aufrufen.
  • Die Beispielsätze lassen erkennen, wie Vokabeln in sinnvollen Kontexten verwendet werden.
  • Die Audiodateien sind wichtig, um die richtige Aussprache einer Vokabel zu hören. Leider werden die zwar eingeführte Vokabeln ausgesprochen, nicht jedoch die Beispielssätze.

5. Pop-Up-Fenster mit der Anweisung zur Selbsteinschätzung

  • Nach jeder eingeführten Vokabel müssen Lernende auf einer 5er-Skala entscheiden, wie gut sie die Vokabel wussten. Diese Selbsteinschätzung wird gespeichert. Laut Aussage der Pressemitteilung wird auf dieser Grundlage ein „SuperMemo Algorithmus“ eingesetzt, der ausrechnet, wann und wie oft Vokabeln wiederholt werden müssen.

Werden die Fertigkeiten Schreiben und Sprechen in der App trainiert?

Es wird keine Möglichkeit angeboten, die neu gelernten Vokabeln selber aufzuschreiben. In der App wird auch keine Funktion zum selbst Aussprechen oder Aufnehmen angeboten.

Welche Übungsmöglichkeiten bietet die App darüber hinaus noch an?

Die App enthält eine einzige Übungsform, die als „Spiel“ bezeichnet wird. Es handelt sich um eine Reihe von Multiple-Choice-Aufgaben. Der Spielcharakter entsteht durch das vorgegebene Zeitlimit, die Hinterlegung mit Musik, das Zählen der richtigen Antworten und „von oben nach unten fallende Diamanten“. Anschließend wird die erreichte Punkteanzahl präsentiert mit der Option, das Spiel zu wiederholen. Es erscheint allerdings fraglich, ob dieses Design dem Spielgedanken wirklich gerecht wird.

Wie oft können die Vokabeln wiederholt werden?

  • Die App enthält ein „Tagestraining“. In den Einstellungen kann man die Benachrichtigungsfunktion freischalten, um täglich an das Training erinnert zu werden.
  • Neben den Tagestrainings lassen sich beliebig viele Extratrainings anlegen. Diese können mit dem Label „Hausaufgabe“ oder Prüfungsvorbereitung“ gekennzeichnet werden. Lernende können den Satz für die Vokabelkarten selber bestimmen und diese beliebig terminieren.

Wie werden Lernergebnisse mitgeteilt?

  • Nach Beenden des Tagestrainings erfahren Lernende die Ergebnisse der eigenen Selbsteinschätzung.
  • Nach der Präsentation des Ergebnisses wird dem Lernenden angeboten, als schwer eingeschätzte Vokabeln zu wiederholen.

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FAZIT
Das direkte Lernen von Vokabeln ist laut Tschirner vertretbar, da diese Form des Lernens ein Viertel des Unterrichts ausmachen kann. Wichtig scheint, „… dass die kommunikativen Erfahrungen insgesamt drei Viertel des Unterrichts bzw. der Zeit, die für das Lernen vorhanden ist, ausmachen …“ (Tschirner, 2003:21).

Die App lässt sich sicherlich gut für das Wiederholen von Vokabeln, die vorher im Unterricht eingeführt wurden, einsetzen. Die Erinnerungsfunktionen rufen Lernenden regelmäßig das Lernpensum in Erinnerung. Als Zeitplanungsinstrument ist diese Funktion sicherlich eine sinnvolle Ergänzung.

Die eingeschränkten Möglichkeiten, die Vokabeln akustisch und visuell in Kontexten zu lernen, lassen die App vor allem als guten Unterrichtsbegleiter feststellen.

Quelle
Tschirner, Erwin (2003). Gedanken zum Grammatikunterricht. IN: Die Grammatik im Fremdsprachenunterricht. Babylonia. 02/03 (19-21)

Checkliste: Auswahlkriterien für Vokabelapps

„Mit Apps kann man Vokabeln lernen – wo und wann man will“ – dieses oder ähnliche Zitate lassen sich häufig in Werbetexte entsprechender Programme finden. Doch was genau sind Vokabel-Apps? Es handelt sich um Programme, die auf mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets geladen werden. So können Fremdspachenlernende z.B. auf der Bahnfahrt oder im Wartezimmer beim Arzt Vokabeln pauken. Für Interessenten ist dieser Markt relativ unübersichtlich, da die Vokabelapps unterschiedliche Konzepte der Wortschatzentwicklung und Wortschatzerwerb, der Didaktik mit Wortschatzübungen, der Qualität der Vertonung und der Bilder verfolgen können.

Doch was macht eine gute Vokabelapp aus? Der folgende Blogbeitrag kann als eine Checkliste für das Testen oder Kaufen einer App behilflich sein. Testen Sie die App wenn möglich vor dem Kauf aus (z.B. mit einer Lite-Version)! Gute Vokabeln-Apps bieten folgende Möglichkeiten an:

  1. Ich darf die Bedeutung der Wörter selbst erraten, bevor ich die Übersetzung lese. In die App sind Bilder und Geräuschen eingebunden, die mir dabei helfen können.
  2. Ich darf mir die Aussprache der Fremdwörter genau anhören, bevor ich erfahre, was sie genau bedeuten, damit ich mich auf deren Aussprache konzentrieren kann und nicht von den Buchstaben abgelenkt werde.
  3. Die neuen Vokabeln werden in sinnvollen Beispielssätzen eingeführt, damit ich sehen kann, wie sie verwendet werden.
  4. Es werden auch ganze Sätze vorgesprochen, damit ich die Vokabeln in einem natürlichen Kontext höre und sie mir so besser merken kann.
  5. Die neuen Vokabeln werden buchstabiert, so dass ich mir die Schreibweise genau anschauen kann.
  6. Ich kann die neuen Vokabeln selbst schreiben, denn nur durch regelmäßiges Üben kann ich mir diese auch merken.
  7. Ich kann die neuen Vokabeln selbst aussprechen, aufnehmen und speichern, damit ich meinen Lernerfolg dokumentieren kann.
  8. Meine eigene aufgenommene Aussprache kann ich mit der Sprecherstimme vergleichen, damit ich selber die Unterschiede in den Aussprachen wahrnehmen kann.
  9. Meine eigene aufgenommene Aussprache wird über die Stimmerkennung von der App automatisch bewertet.
  10. Es gibt verschiedene Übungsformen, damit mir beim Vokabellernen nicht langweilig wird (z.B. Memory-Spiel, Lückentext, Quiz).
  11. Neue Vokabeln werden nicht einzeln, sondern in Gruppen eingeführt: z.B. Obstsorten, Länder, Gegensatzbildung, Hierarchisierung, Klassifikation.
  12. Ich kann beliebig oft die gleichen Übungen wiederholen, denn nur durch Wiederholung festigt sich das neu Gelernte.
  13. Vokabeln, die ich bereits erfolgreich gelernt habe, werden in eine separate Liste gespeichert, damit ich jederzeit einen Überblick über den Lernstoff habe.

Neue Funktionalitäten in Google Übersetzer

Wer in der letzten Zeit mit Google Übersetzer Wörter oder Sätze in eine andere Sprache übersetzt hat, konnte neue Funktionen feststellen, die sich für das Lernen hervorragend eignen. Über die bekannte schriftliche Übersetzungsfunktion hinaus sind folgende erwähnenswert:

  1. Mündliche Eingabe von Wörtern: Die Spracherkennungssoftware ermöglicht, Wörter oder Sätze für die Übersetzung in eine andere Sprache mündlich aufzunehmen. Ein Beispiel ist folgendes Video.

  1. Wiedergabe eines ausgesprochenen Wortes: Durch ein Klick auf das entsprechende Symbol wird das ausgewählte Fremdwort ausgesprochen. In den meisten Fällen ist die automatisierte Aussprachefunktion gut verständlich.
  2. Anwendungsbeispiele für Wörter ansehen: Das Programm zeigt aus verschiedenen Internetquellen Verwendungsbeispiele an.
  3. Vokabelheft anlegen: Die Übersetzung der gewünschten Wörter lässt sich in ein Vokabelheft speichern. Siehe hierzu folgendes Video: Google Übersetzer

Die Frage, inwieweit ein Fremdsprachenlerner mit Google Übersetzer am besten Wörter lernen und festigen kann, lässt sich auf folgende Weise beantworten: Laut Börner (2000) gibt es beim Wortschatzerwerb vier zentrale Schritte: Das Wahrnehmen der Wortform, das Verstehen der Wortbedeutung, das Speichern des Wortes und seine kommunikative Verwendung. Daraus ergeben sich eine Reihe von Handlungen, die hiermit relevant sein können:

  • Die Wahrnehmung einer Wortform wird in Google Übersetzer nicht berücksichtigt. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass dieser erste Schritt außerhalb der Anwendung stattfindet. Das Vokabellernen setzt in Google Übersetzer mit dem Verstehen der Wortbedeutung an.
  • Wie in jedem Übersetzungstool werden Fremdwörter in ein Feld eingetragen, um in eine andere Sprache übersetzt zu werden.
  • Neue Wörter sollten immer in sinnvollen Zusammenhängen/Kontexten gelernt werden. Diese Funktion wird durch Google Übersetzer erfüllt.
  • Es soll mehrkanalig gelernt werden, indem ein Wort geschrieben, laut gesprochen bzw. visualisiert wird. Bis auf die Visualisierung der Wörter, werden auch diese Schritte von Google Übersetzer erfüllt.
  • Es ist sinnvoll sich gleichzeitig Wörter aus anderen europäischen Sprachen zu merken, die oft zu falschen Schreibweisen führen (s.g. Internationalismen). Diese Funktion ist mit Google Übersetzer auch möglich, da die Übersetzung vieler Sprachen unterstützt wird.
  • Wörter sollten nicht isoliert gelernt werden sondern in Gruppen strukturiert, z.B. Gegensatzbildung, Hierarchisierung, Klassifikation. Nicht optimal ist in Google Translator die Strukturierung des Wörterbuches nach individuellen Kategorien gelöst.

Fazit

Google Übersetzer ist kein ausgereifter Vokabeltrainer, sondern ein Übersetzungsprogramm mit etlichen Funktionalitäten zum Lernen. Es ist einfach in der Bedienung, wird kostenlos angeboten, hat einen hohen Bekanntheitsgrad und ermöglicht durch das Anlegen des Vokabelheftes viele Potentiale zum Lernen. Diese Potentiale können im Unterricht durch Fachlehrer aufgegriffen werden, um optimale Lernergebnisse zu erzielen.

Literatur

Börner, Wolfgang (2000): Didaktik und Methodik der Wortschatzarbeit: Bestandsaufnahme und Perspektiven. In: Kühn, Peter (Hg.): Germanistische Linguistik 155-156. Studien zu Deutsch als Fremdsprache V. Wortschatzarbeit in der Diskussion. Hildesheim: Olms. S. 29-56.