Praxisbeispiele an der Uni Halle – „Praxisbezogene Medienethik und Einsatz digitaler Elemente im Ethikunterricht”

Fokus

Medienethik – Digitale Vernetzung interdisziplinär – Reflexive Medienbildung

  • Seminar: „Praxisbezogene Medienethik und Einsatz digitaler Elemente im Ethik- und Philosophieunterricht“
  • Teilnehmende im Seminar: 28 Studierende aus dem Bereich Lehramt
  • Leitung des Seminars: Kathrin Rensch

Konzept

Das Lehr-Lern-Konzept von Kathrin Rensch im Rahmen des praxisorientierten Seminars „Medienethik – Einsatz digitaler Elemente im Ethik- und Philosophieunterricht“ besteht einerseits aus interessenorientierten Zugängen auf Seiten der Studierenden (bspw. aus einem unterrichtlichen oder schulpraktischen Kontext heraus –> Lernen durch und mit „Games“) und andererseits auf Seiten der Lehrenden auf Basis theoriefundierter „Inputs“, bspw. aus den KMK-Bestimmungen „Lehren und Lernen in der digitalen Welt“ und dem Medienkompetenz- Modell sowie Textgrundlagen zur Medienpädagogik und Mediendidaktik.

Das Ziel der oben genannten Veranstaltung von Frau Rensch ist die Sensibilisierung zukünftiger Lehrer*innen mit Schwerpunkt Ethik und Philosophie gegenüber den Themen „Medienkompetenz, Medienbildung, Medienerziehung, Medienprävention und Einsatz von digitalen Medien“ im Unterricht. Dabei legte Frau Rensch besonderen Wert auf die Diversität des Medieneinsatzes. Es werden beispielsweise sowohl Videos, Podcasts, Computerspiele als auch Hörbücher und deren potenzielle Einsatzfelder und Lernsettings in der Schule thematisiert.

Nachfolgend sind einige Webseiten eingefügt, die u.a. Gegenstand der Reflexion und Diskussion waren:

Screenshot von der Webseite: https://www.planet-schule.de/schwerpunkt/knietzsche-der-kleinste-philosoph-der-welt/index.html
Screenshot von der Webseite: https://www.internet-abc.de/surfschein/
Screenshot von der Webseite: https://kids.swrfakefinder.de/

Ihr eigenes Seminarkonzept zeichnete sich durch eine Vielzahl aktivierender Methoden und kooperativer Lernszenarien aus.

Dazu werden Kompetenzen nach Martens angestrebt im Bereich der Phänomenologie (Wahrnehmung) und insbesondere die spekulative Kompetenz geschult (Perspektivübernahme). Auch sollen didaktisch-methodische Kompetenzfelder im Bereich Pädagogik angebahnt werden, wobei die Zugänge und praktischen Anwendungen im Rahmen der Selbsterfahrung im Seminar einen Beitrag leisten. Selbstlernprozesse sind in Form von Ausprobieren der digitalen Tools, Games und Anhören der Podcasts bzw. Anschauen der Videos gegeben. Im Anschluss daran erfolgt eine mediendidaktische Reflexionsphase im Gruppenaustausch, die dazu einen Beitrag leisten soll, inwiefern die digitalen Elemente im unterrichtspraktischen Kontext sinnstiftend und zielführend sind bzw. worin Herausforderungen bestehen.

Fazit

Mein Fazit soll sich an einem Dreischritt orientieren: 1) Gewinn des Seminars – 2) Reserven – 3) Zukunftsaussichten.

1) Mein Konzept besteht überwiegend aus sinnstiftenden Gesprächen, die die Studierenden in Kleingruppen oder in Tandems führen. Es hat sich nicht rentiert, im großen Rahmen einen Austausch zu erzielen, weil sich dann Viele zurückziehen und Einige die Komfortzone der Passivität einnehmen. Ich fungiere bei allen Phasen als Unterstützerin, Begleiterin und Moderatorin der Prozesse. Dies hat sich im Rahmen der kleingruppenspezifischen Arbeit am und mit dem Medium (Game, Video, Podcast) als Gewinn herausgestellt, weil somit Synergien gefunden wurden, die sich an Interessen der Studierenden ausrichten. Ich denke, dadurch erzielt man eine hohe Motivation.

2) Gelenkstellen, so auch in den Evaluationen zurückgemeldet, zeigen sich in Form von zeitlichen Kapazitäten, die ein Seminar von 90 Minuten mit sich bringt – dadurch können angegangene Arbeitsprozesse und Gedanken nicht vollständig ausreifen, evtl. bietet sich hier eine Blockveranstaltung an. Auch muss man die Theoriegrundlagen nicht im Seminar behandeln, sondern kann dies im Rahmen eines Selbststudiums mit Aufträgen abhandeln („Blended-Learning-Formate“), um mehr Zeit für die Erprobung und Zusammenarbeit in den Gruppen zu geben.

3) Der Punkt „Game Based Learning“ hat mich tatsächlich fasziniert, so wäre vorstellbar, im Rahmen von Medienethik diesen Inhalt noch mehr zu vertiefen, auch im Kontext der Fächervernetzung und des interdisziplinären Lernens (Stichwort: individuelle Lerngelegenheiten). Ich empfehle eine kooperative Zusammenarbeit mit der Medienanstalt Sachsen-Anhalt oder der GMK.

(Kathrin Rensch, 2025)

Weitere Informationen und Links

Praxisbeispiele an der Uni Halle – „Mathematik im Digitalen erleben”

Fokus

Medienbildung – Aktivierung – digitale Tools im Unterricht

  • Seminar: Mathematik im Digitalen erleben, Wintersemester 2023/24
  • Teilnehmende im Seminar: 22 Studierende des Lehramts an Grund- und Förderschulen
  • Leitung des Seminars: Michelle Bräuer

Konzept

Die Veranstaltung „Mathematik im Digitalen erleben“ fand im Wintersemester 2023/24  für Lehramtsstudierende für Grund- und Förderschulen mit Fokus auf das Fach Mathematik statt. Ziel der Veranstaltung bestand zum Einen darin aufzuzeigen, in wieweit digitale Tools lernförderlich im Mathematikunterricht eingesetzt werden können. Anderseits sollten direkt die digitalen Kompetenzen der Studierenden sowie deren Offenheit gegenüber neuen Technologien im Unterricht unterstützt werden. Hierzu wurden verschiedene Werkzeuge (z.B. Scratch[1]) direkt vor Ort mit den Lernenden erprobt und die Studierenden aktiv in die Gestaltung der Seminarsitzungen einbezogen, indem von Ihnen verschiedene Lernsettings präsentiert und diskutiert wurden. Dabei wurden explizit curriculare Vorgaben durch die Kultusministerkonferenz sowie Fachlehrpläne einbezogen und diskutiert.

Abbildung: Veranschaulichung des Seminarkonzepts durch Michelle Bräuer

[1] ­­Der Einsatz von Scratch (https://scratch.mit.edu/) ist aus datenschutzrechtlicher Sicht insbesondere in Bildungskontexten differenziert zu betrachten. Die Plattform wird vor allem zur Vermittlung von Programmierkenntnissen an Kinder und Jugendliche eingesetzt. Es empfiehlt sich aus datenschutzrechtlichen Gründen eine Offline-Nutzung der Desktop-App oder eine Nutzung ohne Registrierung, damit keine personenbezogenen Daten erhoben werden. Open Roberta Lab (https://lab.open-roberta.org/) ist eine mögliche Alternative mit Serverstandort in Deutschland und expliziter Ausrichtung auf den Bildungsbereich.

Fazit

„Meine Motivation war es mit der Lehrveranstaltung bereits zu Beginn des Studiums das oftmals durch eigene schulische Erfahrungen geprägte Bild der Studierenden auf das Fach Mathematik und den Mathematikunterricht aufzubrechen. Zugleich sollte die Veranstaltung dazu beitragen, ein Bewusstsein für die fachübergreifende Querschnittsaufgabe der Medienbildung zu entwickeln – ein Bereich, dessen Relevanz angesichts der digitalen Transformation in Schule und Gesellschaft stetig wächst und auch in der Primarstufe allgegenwärtig ist. Zwar orientierte sich die Lehrveranstaltung an das Fachsemester angepasst an curricularen Vorgaben und Forderungen, im Mittelpunkt stand jedoch ein erfahrungsorientierter und praxisnaher Zugang: Die Studierenden sollten nicht nur selbst digitale Tools erproben, sich in Schüler:innen hineinversetzen, sondern auch beginnend didaktisch reflektieren und in aktivierenden Lehr-Lernszenarien die Rolle der Gestaltenden einnehmen. Diese aktive Auseinandersetzung ermöglichte nicht nur den Perspektivwechsel vom Lernenden zur Lehrperson, sondern führte auch zu einem tiefergehenden Verständnis für die Potenziale und Herausforderungen digitaler Medien im schulischen Kontext.

Besonders eindrücklich war die Erfahrung, wie durch kreative Ansätze und geeignete digitale Werkzeuge komplexe Inhalte – etwa das Programmieren – kindgerecht und motivierend aufbereitet werden können. Viele Studierende äußerten überrascht, dass sie sich zu Beginn des Semesters nicht hätten vorstellen können, eine Idee davon zu bekommen, wie mit Grundschulkindern auf so spielerische und freudvolle Weise digitale Kompetenzen gefördert werden können. Insofern war die Lehrveranstaltung in mehrfacher Hinsicht gewinnbringend: Sie war sowohl fachlich fundiert als auch didaktisch innovativ, förderte die Selbstwirksamkeit der Studierenden – und trug maßgeblich zur kritischen Auseinandersetzung mit der Rolle digitaler Medien bei, welche die Studierenden hoffentlich durch ihr Studium und das spätere Berufsleben begleitet. Dass es Anreize für den Einsatz digitaler Medien auch mit mathematischen Bezügen gab, welche die Studierenden langfristig erproben wollen, zeigten auch die abschließende Seminarevaluation.“

(Michelle Bräuer, 2025)

Medienbildung im Lehramtsstudium (Gastbeitrag)

von Dr. Sebastian Pfau
(Dep. Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)

whiteboard_4 „Keine Bildung ohne Medien“ – So lautet der Name einer Initiative, die eine systematische und nachhaltige Verankerung von Medienpädagogik in allen Bildungsbereichen der Gesellschaft anstrebt. Die Initiative kritisiert

„…eine große Diskrepanz zwischen allgemeinen Proklamationen in Regierungserklärungen (»Medienkompetenz ist eine zentrale Schlüsselkompetenz«) und der medienpädagogischen Praxis in den meisten Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, der Eltern- und Familienbildung, in Schulen und Hochschulen, der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit sowie der Erwachsenen- und Seniorenbildung.“ (Keine Bildung ohne Medien! Bildungspolitische Forderungen. Medienpädagogischer Kongress 2011, S. 4)

Nach einer langjährigen Diskussion wurde im September 2010 im Landtag Sachsen-Anhalt ein Beschluss gefasst, in dem Medienkompetenz zu einer „unverzichtbaren Schlüsselqualifikation“ erklärt wird. Das Parlament war sich darüber einig, dass man es sich in Sachsen-Anhalt nicht leisten könne, „…auch nur ein Kind auf dem Weg in die digitale Zukunft zurückzulassen“ (Plenarprotokoll 5/80, S. 5258).
Die Einschätzung des Landtages Sachsen-Anhalt deckt sich mit vielen weitern bundesweiten Initiativen und den Aktivitäten anderer Länder. Auch länderübergreifend und auf der Bundesebene findet diese Debatte statt. In einer Bundestagsdebatte am 26. März 2015 herrschte parteiübergreifender Konsens, dass in der Lehrerbildung die Vermittlung von Medienkompetenz unerlässlich sei. Es könnten zahlreiche weitere Initiativen angeführt werden, die ähnliche Argumente anführen.

Der Blick in den Schulalltag sieht stattdessen so aus: Viele Schüler werden bis zum Abitur nicht ein einziges Mal ernsthaft mit Medienbildung konfrontiert. Auch wenn es hier rühmliche Ausnahmen gibt, ändert das nichts an der Tatsache, dass die Vermittlung von Medienkompetenz nicht systematisch in die schulische Bildung integriert ist. Medienkompetenz wird hier nicht so verstanden, dass Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, die Bedienung neuer Geräte zu verstehen. Im Gegenteil: Hier sind sie den Lehrern häufig sogar überlegen. Vielmehr geht es um das Lernen mit Medien und das Lernen über Medien. Die internationale repräsentative Bildungsstudie ICILS (International Computer and Information Literacy Studiy) zeigte, dass Achtklässler in Deutschland beim Umgang mit neuen Medien nur im Mittelfeld liegen. In der Schule werden neue Medien im Unterricht nur selten eingesetzt, heißt es weiterhin.

Um diese Defizite zu beseitigen ist es unumgänglich, neues Lernen mit und über Medien bereits in der ersten Phase der Lehrerausbildung fest zu verankern. Und das gilt für alle Bereiche der Lehramtsstudiengänge, seien es nun MINT-Fächer, gesellschaftswissenschaftliche Fächer, Fremdsprachen oder musisch-künstlerische Fächer. Ein eigenes Schulfach Medien wäre hier sicher der beste Weg, nur ist dieses Ziel allenfalls mittelfristig durchzusetzen. Zu stark sind die Vorbehalte gegen ein zusätzliches Fach. Häufigstes Argument: Ein weiteres Schulfach passt nicht in die Stundentafel. Eines besseren belehrt uns hier das Land Baden-Württemberg, hier gibt es die Einführung des Schulfachs Wirtschaft bereits ab Herbst 2016 Jahres an allen weiterführenden Schulen.

Im Sommer 2012 gründete sich im Netzwerk Medienkompetenz Sachsen-Anhalt die Unterarbeitsgruppe Medienkompetenz in der Lehrerbildung. Ziel dieser Unterarbeitsgruppe ist es, die oben angesprochenen Defizite zu beseitigen und eine systematische Medienbildung bereits in der ersten Phase der Lehrerbildung fest zu verankern. Im Februar 2013 legte die Arbeitsgruppe im Landtagsausschuss Kultur und Bildung ein Planungspapier vor, dass ein dreistufiges Konzept enthielt.
In einer ersten Stufe sollte Medienbildung verbindlich fächerübergreifend und fachintegrativ in den Lehrplänen aller Schulformen und Fächer verankert werden. Die bereits im Beruf befindlichen Lehrerinnen und Lehrer sollten sich entsprechend qualifizieren und sich so die erforderliche Medienkompetenz aneignen. Hierzu sollten entsprechende staatliche Fort- und Weiterbildungsangebote systematisch ausgebaut werden. Die Schulen sollten – nach thematischer und methodischer Abstimmung zwischen den Fächern – ein Mediencurriculum erarbeiten, das alle Fächer nach ihren Spezifika berücksichtigt.
Gleichzeitig sollte im universitären Studium für alle Lehrämter an allgemeinbildenden Schulen ein Pflichtmodul zur Medienkompetenz/ Medienkunde als sogenanntes LSQ eingeführt werden.
In einer zweiten – ebenfalls kurzfristig durchzuführenden Stufe – sollte die MLU einen Ergänzungsstudiengang „Neues Lernen mit und über Medien“ anbieten.
Angesichts der zunehmenden Komplexität der Medienwelt sollte in einer dritten – mittelfristig durchzuführenden – Stufe der systematische Erwerb von Medienkompetenz in einem eigenen Pflichtfach an allen allgemeinbildenden Schulen eingeführt werden. Hierzu müsste an der MLU  ein eigenes universitärer Lehramtsstudiengang mit geeigneten Fächerkombinationen konzipiert und eingeführt werden.

Insgesamt stieß die Gruppe sowohl innerhalb der Universität als auch bei Vertretern der Landespolitik auf großes Gehör. Es stellte sich aber schnell heraus, dass die sich Verwirklichung eines eigenen Schulfaches als schwierig erweist. Die am schnellsten umzusetzende Lösung schien aus verschiedenen Gründen der Ergänzungsstudiengang zu sein. In ihm können werdende Lehrerinnen und Lehrer in insgesamt sechs Modulen eine Zusatzqualifikation erlangen, die dann in den Schulen als Wahlpflichtfach (ähnlich wie Astronomie oder Psychologie) angeboten wird. Folgende Module sollen Bestandteil des Ergänzungsstudienganges sein: „Medienanalyse und Medienbewertung“, „Medienwirkung und Mediennutzung“, „Mediendidaktik“, „Medienethik und Medienrecht“, „Sozialisation in modernen Medienwelten“ sowie „Pädagogische Medienpraxis“

Die rasante Medienentwicklung der letzten Jahre und die Stagnation ihrer Integration in Schule, Unterricht und Lehrerbildung machen es dringend erforderlich, das Thema Medienbildung entschlossen und zukunftsweisend anzupacken. Nachdem die Landespolitik die Lehramtsausbildung für allgemeinbildende Schulformen in Halle  konzentriert hat, sind die Voraussetzungen im Ländervergleich dafür sehr gut.

  1. Ein solches Angebot ist bislang bundesweit einzigartig und stützt die Profilbildung der Martin-Luther-Universität.
  2. Können Studierende ihr eigenes Portfolio gezielt durch diesen Schwerpunkt erweitern, um im Markt der Absolventen für Schulen attraktiv zu sein.

(Dieser Beitrag von Dr. Sebastian Pfau basiert auf einem Vortrag vom 17.11.2015, anlässlich des Open@LLZ #7; Foto: LLZ)