Abenteuer E-Learning: Von einem Geisteswissenschaftler, der auszog, Physik zu lernen, und Spaß dabei hatte (2/2)

ein Artikel von Maike Küper, Studierende der Interkulturellen Europa- und Amerikastudien und studentische Hilfskraft am @LLZ

Letzte Woche habe ich an dieser Stelle beschrieben, wie ich dazu kam, einen Online-Kurs auf der E-Learning-Plattform Udacity zu belegen, der mir die Welt der Physik ein bisschen näher bringen sollte. Heute möchte ich meine subjektiven Eindrücke sowie einige Vor- und Nachteile dieser Art zu lernen beschreiben, die mir dabei auffielen.

Der erste große Vorteil, der sich natürlich nicht nur auf diesen spezifischen Kurs bezieht, liegt auf der Hand: Wie hätte ich mir sonst Physik beibringen sollen? Da es in meinem Studium keine naturwissenschaftlichen Fächer gibt, habe ich seit der Schule keinen Physikunterricht mehr gehabt. Es wäre selbstverständlich möglich gewesen, mir Bücher auszuleihen oder sogar in eine Vorlesung meiner Universität zu gehen. Aber seien wir ehrlich: Vor einem Berg von Büchern oder in einer Veranstaltung, die für naturwissenschaftliche Studierende konzipiert ist, hätte ich vermutlich eher wieder aufgegeben als in einem interaktiven Kurs im Internet. So kann ich durchaus sagen, dass bereits die Vorstellung eines kurzweiligen Online-Kurses die Idee, meine Physikkenntnisse zu verbessern, interessanter machte und meine Motivation steigerte.

In diesem Beitrag möchte ich etwas näher auf den Aufbau und die Funktionsweise eines solchen Kurses auf Udacity eingehen. Er ist zunächst ähnlich wie eine universitäre Veranstaltung in Lerneinheiten aufgeteilt, die wiederum aus jeweils 10 bis 20 Videos bestehen, von denen jedes mit einer Aufgabe abschließt.

Kommen wir zum „Klassenraum“, in dem sich das Geschehen abspielt. Neben den Videos mit den eingebauten Aufgaben und Lösungen gibt es ein Wiki und ein Forum. Das Wiki enthält die Transkription der Texte, die in den Videos gesprochen werden, was nützlich sein kann, wenn man die Erläuterung eines ganz bestimmten Sachverhalt nachschlagen will, ohne die Videos zu durchsuchen. Da in der Vergangenheit Probleme mit den in die Website eingebetteten Videos auftraten, sind die Videos und Skripte darüber hinaus zum Download verfügbar. So wird auch bei einer langsamen Internet-Verbindung oder der Blockierung in bestimmten Ländern der Zugang zum Material ermöglicht[1]. Dies illustriert einen weiteren Vorteil dieser Art der Lehre: Gibt es ein Problem, kann es unmittelbar berichtet und schnell eine Lösung gefunden werden.

Im Forum können Fragen gestellt werden, die meist in erstaunlich kurzer Zeit von einem anderen Teilnehmer oder den Dozenten beantwortet werden. Um die Teilnehmer zu motivieren, sich aktiv zu beteiligen und in den gegenseitigen Austausch zu treten, gibt es das sogenannte „karma system“, das den „Likes“ bei Facebook ähnelt. Votet jemand meine Frage oder Antwort „hoch“ bzw. „runter“, gibt es Punkte oder Abzüge. Mit einer bestimmten Anzahl von Punkten erhält man dann zusätzliche Rechte im Forum, wie beispielsweise das Editieren von Beiträgen von Mitstudierenden.

Fragen im Forum auf Udacity¹

Darüber hinaus wird die Erfüllung von gewissen Aktionen mit einer Art Abzeichen honoriert, einem sog. Badge, das auf dem Profil zu sehen ist. So setzt Udacity Anreize, anderen zu helfen, sich Gedanken über den Stoff hinaus zu machen und von den Ideen anderer inspiriert zu werden. Allein zu meinem Physik-Kurs gibt es ca. 1000 Foren-Einträge, in denen Rechenfehler geklärt, Ansätze hinterfragt und Ideen weitergesponnen werden.

Anforderung für einige Badges

Um die Teilnahme an einem solchen Kurs nachzuweisen, was eventuell für künftige Arbeitgeber interessant sein könnte, gibt es nach dem Absolvieren aller Einheiten die Möglichkeit, einen Abschlusstest abzulegen. Je nach Ergebnis gibt es dann vier verschiedene Zertifikate, die sofort online verfügbar sind. Da Udacity eine unabhängige Plattform ist, sind es keine offiziellen Zeugnisse, die ECTS-Punkte bescheinigen oder an einer Universität angerechnet werden. Es wird jedoch an einer Weiterentwicklung des Systems gearbeitet.

Die Vorzüge der Kursstruktur, die mich von Udacity überzeugten, hatte ich bereits im ersten Artikel angesprochen. Bei maximal ein- bis dreiminütigen Videos kommt nie Langeweile auf, und um die Fragen und Rechnungen lösen zu können, ist es durchaus nötig, aufzupassen. Beides zusammen genommen führt dazu, dass ich nicht auf die Idee kam, „kurz“ nebenher E-Mails abzurufen. Das sofortige Feedback mit ausführlicher Erklärung der Antwort zeigt unmittelbar, ob bzw. dass man etwas verstanden hat und resultiert auch darin, dass man sich bestätigt fühlt und Lust hat, noch mehr zu lernen.

Zur Kurzweiligkeit trägt in hohem Maße auch der Dozent bei. Man merkt dem jungen MIT-Absolventen sofort an, dass er sowohl kompetent als auch begeistert von seinem Stoff ist, was für mich schon bei Präsenzveranstaltungen meist einen guten Dozenten ausmacht. So erweckt er den Eindruck, sein Wissen aus persönlichem Idealismus und dem Wunsch heraus zu vermitteln, Interessierte, auch physikalisch eher Unbedarfte, mitzureißen. Ich hatte in einigen meiner großen Vorlesungen, die sehr anonym ablaufen, schon öfter das Gefühl, der Dozent interessiere sich mehr für seine Forschung als den Lernerfolg der Studenten. So ist die Atmosphäre bei Udacity eine willkommene Abwechslung.

Bezüglich der Auswahl des Udacity-Kurses war für mich, wie bereits erwähnt, ein wichtiger Faktor, dass ich ihn im Gegensatz zu Angeboten anderer Plattformen jederzeit unterbrechen konnte und an keinen bestimmten Zeitraum gebunden war. Dies war für mich zum Beispiel ideal, da ich nach dem Abschluss der ersten Einheit eine Pause für meine Klausuren an der Uni einlegte und den Kurs später an der gleichen Stelle wieder aufnehmen konnte, da das Material zu jeder Zeit verfügbar ist. Dies lässt sich jedoch auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Ist man nicht in der Lage, sich ausreichend selbst zu motivieren und zu disziplinieren, kann diese Freiheit ebenso dazu führen, dass man ein paar Mal in den Kurs hinein „schnuppert“ und dann aus fehlendem Zwang schnell wieder aufhört.

Es ist daher meiner Meinung nach unumgänglich, dass man das Lernen schon „gelernt“ hat, da keinerlei Vorgaben bestehen. Braucht man mehr Struktur oder Druck, ein bestimmtes Ziel in einem angegeben Zeitraum zu erreichen, ist ein anderes Angebot vielleicht besser geeignet. Dies erklärt auch, dass viele Teilnehmer derartiger Kurse bereits Studierende oder Akademiker sind, auch wenn Udacity schon High-School-Schüler als Zielgruppe angibt. Zwar gibt es auch Jugendliche, die sich aus Begeisterung und/oder Begabung für ein Thema in der Schulzeit schon weiterbilden möchten, doch bilden diese eher die Ausnahme.

Die Einbettung des Stoffs in die Geschichte der Erdumfangsberechnung mit Hintergrundwissen über die Mathematik der Antike hat mich sehr positiv überrascht, doch ich bin sicher, dass dies für manchen ein eher unliebsamer Zusatz ist. Wer sich gern allgemein bildet und den größeren Zusammenhang sehen möchte, wird sich darüber freuen; wer auf der Suche nach purem physikalischen Wissen und Formeln ist, wird diesen Rahmen eventuell als Zeitverschwendung ansehen.

Dass dieser konkrete Kurs auf Englisch ist, stellt für mich eher einen Vor- als einen Nachteil dar, da ich in meinem Alltag generell viel mit Englisch zu tun habe. Ich bin froh, die Möglichkeit zu haben, ein fremdsprachliches Angebot wahrzunehmen und zwischendurch sogar ein paar Vokabeln dazu zu lernen. Meine Wahl dieses Angebots war eine persönliche Präferenz, sicherlich gibt es auch schon einige deutsche Angebote. Für diesen Udacity-Kurs sollte das Level der Sprachkenntnisse in jedem Fall sehr hoch sein, denn die notwendigen physikalischen und mathematischen Fachtermini lernt man nicht im Englischunterricht.

Allgemein ist die Tatsache, dass man auf einer englischsprachigen Online-Plattform mit Menschen jeder Altersklasse aus aller Welt zusammen lernt, ungemein bereichernd, und ein Zugehörigkeitsgefühl (sofern man sich denn im Forum beteiligt) entsteht durch diese gemeinsame „Mission“ viel eher als zum Beispiel in meinen großen Wirtschaftsvorlesungen, die zum Teil auch ungeliebte Pflichtveranstaltungen sind. So entstehen bei Udacity ein größerer Austausch und viel gegenseitige Unterstützung.

Diese mich durchaus überraschende Zusammenarbeit und Solidarität unter völlig fremden Menschen bringt mich zu einem weiteren Punkt, der eine solche E-Learning-Erfahrung zu etwas Einzigartigem macht: Dadurch, dass jeder der hier Eingeschriebenen diesen Kurs freiwillig belegt und somit aus eigener Motivation etwas lernen möchte, sind sowohl die Bereitschaft als auch die Gemeinschaft, im Internet-Jargon „Community“, etwas völlig anderes als in einer konventionellen Universitätsveranstaltung. Auch eine gewisse Distanz, die zwischen Professor und Studierendem sonst herrscht, fällt hier weg: Der Dozent hilft im Forum, wo er kann und freut sich über Anregungen und Kritik zu seiner Lehre. Diese „kurzen Wege“ erfuhr ich am eigenen Leib während der Arbeit an diesem Artikel: Ich postete im Forum die Frage, ob ich Screenshots von Udacity nutzen dürfte – und bekam wenige Stunden später eine Antwort vom Dozenten höchstpersönlich, der sich freute und fragte, ob er den fertigen Artikel lesen dürfe.

Dass hier mehr Austausch entsteht als in einer Vorlesung, in denen man dem Raum mit den Mitstudierenden teilt, klingt paradox – und ist es auch. Ich finde es sehr bedauerlich, dass ich in meinem Nebenfach Wirtschaft nur ca. 5% meiner Kommilitonen/-innen kenne, da in einer traditionellen Vorlesung mit bis zu 500 Teilnehmern einfach wenige Gespräche entstehen. Der meiste Austausch unter uns Wirtschafts-Studierenden bzgl. allgemeiner Tipps, Fragen zu Klausuren und manchmal auch allgemeinen Unmuts findet interessanterweise ebenfalls im Internet statt – in einer Facebook-Gruppe. Angesichts dieses Umstands stellt sich mir die Frage, warum diese Art Kommunikation und Kooperation mittlerweile fast nur noch im Internet funktioniert – ist es einfach praktischer, hilft auch die Anonymität oder gibt es weitere Gründe?

Da bei mir wie erwähnt die höhere Motivation für diesen Physik-Kurs auch der Tatsache geschuldet war, dass es ein interessant gestaltetes, interaktives Online-Angebot ist, müsste dies meiner Meinung nach auch für die universitäre Lehre nutzbar sein. Ich persönlich glaube, dass der Einsatz von E-Learning-Elementen einen Kurs erweitern kann und die Studierenden dazu anregt, sich außerhalb der Präsenzveranstaltung auf andere Art und Weise mit dem Stoff auseinander zu setzen. Ich selbst habe erst einmal im Rahmen einer Anglistik-Vorlesung Erfahrungen mit einer veranstaltungsbegleitenden E-Learning-Einheit machen können. Diese bestand jedoch „nur“ aus einem Online-Test, der alle zwei bis drei Wochen für eine begrenzte Zeit vom Dozenten aktiviert wurde und obligatorisch war. Der Test diente der Überprüfung unseres Lernfortschritts, wurde aber nicht benotet. Ich empfand diese Ergänzung als durchaus hilfreich, da man dazu angeregt wurde, sich direkt intensiv mit dem Stoff zu befassen, anstatt kurz vor der Klausur alles zum ersten Mal zu lernen. Natürlich sind diese Tests schlecht mit dem Udacity-Kurs zu vergleichen, aber sie haben die Vorlesung in jedem Fall positiv bereichert. Es sollte jedoch bedacht werden, dass die obligatorische Nutzung derartiger Angebote in Veranstaltungen negative Auswirkungen haben kann. Die zeitliche Begrenzung und die Tatsache, dass der Dozent die (eventuell schlechten) Ergebnisse sehen kann, mindern den zusätzlichen Nutzen für Motivation und Lernerfolg im Vergleich zu einem interaktiven Angebot, das für den persönlichen Lernerfolg gedacht ist.

Fazit: Ich bin vollkommen begeistert von dieser Art, sich Wissen anzueignen! Für mein persönliches Ziel, die physikalische Denkweise besser zu verstehen, ohne mich dabei zu langweilen oder die Lust zu verlieren, ist dieser Udacity-Kurs auf jeden Fall gut geeignet. Die sympathische Art des Dozenten und das konstante Feedback haben in einem Maße für Motivation und Spaß gesorgt, das ich nicht erwartet hätte. Es liegt aber sehr viel an der persönlichen Haltung, wie viel man aus einem solchen Angebot macht, und ohne eine gewisse Selbstdisziplin und Spaß am Lernen würde man einen solchen Kurs vermutlich nicht einmal anfangen. Tut es man jedoch, kann man sich wie ich über die Interaktivität und den großen Austausch in der internationalen Community freuen, was mir das Gefühl gab, zu einer Gruppe interessierter und offener Lernender zu gehören, die völlig unabhängig von Wohnort, Alter oder Beruf ist.


[1]Ein durch die Medien bekannt gewordenes Beispiel ist der Fall eines 12jährigen Mädchens, das wegen einer Blockierung durch die pakistanische Regierung keinen Zugang zur Plattform hatte. Ein Teilnehmer aus England lud das Material für sie herunter und stellte es ihr zur Verfügung – ein schönes Beispiel für die internationale Solidarität, die auf einer solchen Plattform entstehen kann. Siehe dazu: Ripley, Amanda. „College is Dead, Long Live College“. TIME.


¹Bilder mit freundlicher Genehmigung von Udacity.com

Abenteuer E-Learning: Von einem Geisteswissenschaftler, der auszog, Physik zu lernen, und Spaß dabei hatte (1/2)

ein Artikel von Maike Küper, Studierende der Interkulturellen Europa- und Amerikastudien und studentische Hilfskraft am @LLZ

Derzeit ist der große Trend E-Learning in aller Munde, und das ist vollkommen nachvollziehbar. Die Versprechungen klingen fast zu gut, um wahr zu sein: Wir können immer und überall alles lernen, können Geschichtsvorlesungen aus Harvard und Mathematikvorlesungen vom MIT hören, uns mit Serious Games in die Welt der Mediziner hinein versetzen und bei Youtube ein paar Brocken jeder Sprache lernen, die uns einfällt. Die kritische Frage, die sich jedoch stellt ist: Tun wir das auch? Haben wir wirklich die Motivation und die Disziplin, uns ernsthaft mit diesen Themen zu beschäftigen, statt nur fünf Minuten in eine Online-Vorlesung zu schauen, um einmal einen Professor einer amerikanischen Elite-Universität live zu erleben?

Da ich mich genau dabei oft genug ertappt habe, entstand die Idee zu diesem Artikel. Bei einer Unterhaltung mit Freunden, die Ingenieurswissenschaften studieren, fiel mir zum wiederholten Male auf, dass meine Kenntnisse in Physik doch beschränkter sind, als mir lieb ist. Dies wollte ich ändern. Ich durchforstete also das Internet nach einem Kurs, der einem interessierten, aber nicht unbedingt naturwissenschaftlich geneigten Menschen wie mir einen Einstieg in das Thema bot, der sowohl lehrreich als auch zumindest ein bisschen unterhaltsam sein sollte.

Einführung von Dozent Andy Brown¹

Bei der Suche nach einem Online-Physik-Kurs standen mir verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Da ich die Entwicklung von Online-Vorlesungen einiger amerikanischer Universitäten vor ein paar Jahren ein wenig verfolgt und allgemein das Gefühl habe, dass die anglophonen Länder beim E-Learning schon etwas weiter sind, suchte ich nach englischsprachigen Angeboten und hatte bei meinen Anforderungen einiges schnell aussortiert. Ich suchte nicht nach einer Präsenz-Veranstaltung, die einfach aufgenommen und ins Internet gestellt worden war. Stattdessen stellte ich mir einen interaktiven Kurs vor, der mich nicht unbedingt an meine eigenen Lehrveranstaltungen erinnern sollte – schließlich ging es hier um meine Freizeit. Darüber hinaus war es mir wichtig, ein flexibles Angebot zu finden, das ich jederzeit unterbrechen konnte, aber trotzdem eine hohe Qualität bot und natürlich nichts kosten sollte. Die Plattform Coursera, die mir wegen ihrer großen Auswahl an Online-Kursen in den verschiedensten Fächern schon bekannt war, stellt aber zum Beispiel nur Kurse in festen Zeiträumen zur Verfügung. Als ich den Kurs „Introduction to Physics“ auf der Plattform Udacity fand, war er mir direkt sympathisch: Er erschien mir sehr unkompliziert und trotzdem gut strukturiert, so dass ich beschloss, ihn auszuprobieren.

Udacity wurde erst 2012 gegründet, unter anderem von dem Deutschen Sebastian Thrun, der bis 2011 an der Stanford University lehrte, sich dann aber wegen anderer Projekte von der Lehrtätigkeit befreien ließ. Zurzeit sind die Kurse vor allem aus den Bereichen Mathematik, Informatik und Statistik, weitere sollen aber folgen. Eine Besonderheit von Udacity ist (bislang) die Unabhängigkeit von Universitäten. Die Videos und Aufgaben werden eigens von den Dozenten für die Online-Lehre erstellt, so dass die Art und Weise der Stoffvermittlung perfekt an das „Medium“ Internet angepasst ist, was für mich ein entscheidender Faktor für die hohe Qualität dieses Kurses ist.

Bei dem Physik-Kurs meiner Wahl handelt es sich um einen Einführungskurs, in dem in kurzweiligen Videos anhand der Frage, wie man seit dem antiken Griechenland versucht hat, den Erdumfang zu berechnen, die Entwicklung der Physik und einige wichtige mathematische Grundlagen erläutert werden. Der Dozent ist ein Absolvent des renommierten MIT, wenig älter als ich, der mit spürbarer Begeisterung Laien im World Wide Web die physikalischen Grundlagen beibringen möchte.

Schon das erste Video zeigt, dass man es hier nicht mit einer „normalen“ Online-Vorlesung zu tun hat, geschweige denn einem konventionellen Physik-Kurs in der Schule. Der Dozent Andy Brown kniet auf einer Wiese, kündigt die Reiseroute an, die den Kurs begleiten wird, und beruhigt erst einmal alle Zuhörenden, dass sie sich wegen des mathematischen Anspruchs keine Sorgen machen sollen. Und kurzweilig geht es weiter: Der Dozent gibt zunächst einen kurzen historischen Überblick über das Wissen der Griechen und wie sich die Suche nach der Lösung der Erdumfangsberechnung über die Jahre hinweg entwickelte. Anhand dieses Beispiels zeigt der Dozent die verschiedenen mathematischen Ansätze auf, die sich dem Ergebnis immer weiter annäherten. Nach ungefähr 10 Videos, also ca. 10 Minuten, wird es dann mathematisch.

Aufgaben zur Trigonometrie
Mit gut verständlichen Zeichnungen frischt Andy gut gelaunt Geometrie- und Trigonometrie-Kenntnisse auf und stellt nach jeder neuen Erklärung eine kleine Aufgabe, deren Lösung im Anschluss ausführlich vorgestellt wird. Am Ende der ersten von fünf Einheiten führt der Dozent dann das in der Antike angewandte Verfahren zur Messung des Erdumfangs vor und zeigt so direkt, wie man das Gelernte anwenden kann. Abschließend gibt es ein Überblicksvideo, das die Lektion zusammenfasst und dem Lernenden vermittelt, wie viel er in solch kurzer Zeit schon gelernt hat. Zum Schluss lässt Andy seinen Zuschauern die Wahl, eine Pause einzulegen, einen kleinen Exkurs anzuschauen oder das Experiment einmal selbst auszuprobieren.
Durchführung des Experiments in Syrakus, Italien

Ergänzend zu den Videos gibt es ein Forum, in dem die Teilnehmer Fragen stellen können, die meist recht schnell entweder von einem Kommilitonen oder dem Dozenten selbst beantwortet werden. So fühlt man sich schnell als Teil einer internationalen Gemeinschaft, was die Lernerfahrung zusätzlich bereichert.

Wenn ihr erfahren wollt, ob mein Physik-Kurs und somit meine erste „große“ E-Learning-Erfahrung das hielt, was sie versprach, geht es nächste Woche weiter: Ich werde meine Eindrücke während des Kurses beschreiben und die Vor- und Nachteile etwas genauer unter die Lupe nehmen.

¹Bilder mit freundlicher Genehmigung von Udacity.com